Flow bei der Arbeit – Überblick über die Metaanalyse von Liu et al. (2023)
Flow ist ein Zustand, in dem man völlig in eine Aufgabe vertieft ist, sich motiviert fühlt und ein Gefühl der Erfüllung bei der Arbeit erlebt. Anforderungen und eigene Fähigkeiten sind im Einklang. Die Zeit vergeht wie im Flug. Andere Dinge in der Umgebung werden ausgeblendet. Die Folge sind hohe Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit sowie ein Gefühl der Leichtigkeit und Freude.
Vor diesem Hintergrund untersuchten Liu et al. (2023) die Ursachen und Auswirkungen von Flow bei der Arbeit sowie Möglichkeiten zur Förderung des Flow-Erlebens. Dazu wurde eine Metaanalyse von 113 Studien mit 60.110 Teilnehmenden durchgeführt.
Die Studie trägt zu einem besseren Verständnis von Flow bei. Sie zeigt, dass Flow einen positiven Einfluss auf das individuelle Wohlbefinden, die Leistung und das Engagement am Arbeitsplatz hat. Flow ist daher ein wertvolles Ziel für Unternehmen, um das Arbeitsumfeld zu verbessern und das Potenzial der Mitarbeitenden besser auszuschöpfen.
Die folgenden Ausführungen basieren auf der Studie von Liu et al. (2023) und geben anstatt einer Zusammenfassung ausgewählte praxisbezogene Aspekte wieder. Dabei fließen eigene Erfahrungen und Einschätzungen mit ein.
Ursprung und allgemeine Bedeutung von Flow
Das Konzept des Flow ist schon einige Jahrzehnte alt. Es ist eng mit den Forschungen von M. Csikszentmihalyi verbunden. Er stellte u. a. fest, dass das Erbringen von Spitzenleistungen hochkonzentriert und spielerisch erlebt werden kann. Seitdem haben sich mehrere Studien mit Arbeitsleistung und Flow befasst.
Das Konzept des Flow ist auch heute noch von Bedeutung, da es eine wichtige Rolle für das individuelle Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben spielt. Menschen erleben Flow, wenn sie völlig in einer Aufgabe aufgehen und hoch motiviert sind. Flow kann neben besserer Arbeitsleistung jedoch auch negative Auswirkungen haben, bspw. zu Erschöpfung und riskantem Verhalten führen. Für Unternehmen und Mitarbeitende ist es daher wichtig, das Flow-Erleben am Arbeitsplatz verantwortungsvoll zu fördern. Die erwähnte Metaanalyse trägt dazu bei, sowohl das theoretische Verständnis zu fördern als auch praktische Implikationen für den Arbeitskontext aufzuzeigen.
Bedeutung für Mitarbeitende
Flow-Erleben führt zu höherer Arbeitszufriedenheit und Leistung. Darüber hinaus kann sich das allgemeine Wohlbefinden verbessern. Positive Effekte können sich auch auf das Privatleben auswirken. Verschiedene Faktoren können zu Flow beitragen. Dazu zählt die Balance zwischen Anforderungen und Fähigkeiten. Um Flow im Arbeitsalltag zu erreichen oder zu intensivieren, sollten Mitarbeitende u. a. ihre Stärken kennen und nutzen. Hilfreich ist auch eine positive Grundeinstellung. Insgesamt ist das richtige Gleichgewicht aus Anforderungen und Ressourcen wichtig.
Rolle der Führungskräfte
Führungskräfte können dazu beitragen, dass ihre Mitarbeitenden Flow bei der Arbeit erleben und dadurch ihre Leistung, Motivation und ihr Wohlbefinden steigern. Bspw. können Führungskräfte ihre Mitarbeitenden ermutigen, ihre Aufgaben entsprechend anzupacken. Ein förderliches Arbeitsumfeld umfasst u. a. angemessene und sinnvolle Herausforderungen, klare Ziele, eigenverantwortliches Handeln und konstruktives Feedback. Besonders geeignet ist ein authentischer und transformationaler Führungsstil. Er basiert auf einer ehrlichen Beziehung zu den Mitarbeitenden, die u. a. motiviert, sich weiterzuentwickeln und keinen “Dienst nach Vorschrift” zu leisten.
Rolle der Personalentwicklung
Auch die Personalentwicklung kann dabei unterstützen, individuelle Stärken zu erkennen, das Selbstwertgefühl zu stärken und entsprechende Fähigkeiten bereitzustellen – bspw. durch den Einsatz von Fragebögen und durch Feedbackgespräche.
Ein Schlagwort in diesem Zusammenhang ist Job Crafting – ein Prozess, bei dem Mitarbeitende aktiv ihre Aufgaben innerhalb eines bestimmten Rahmens besser an ihre Fähigkeiten und Bedürfnisse anpassen. Flow hängt also auch vom individuellen Verhalten ab. Personalentwicklung kann die Rahmenbedingungen dafür schaffen. U. a. tragen dazu Weiterbildungsangebote, Coaching und Mentoring sowie eine entsprechende Führungskultur bei.
Abgeleitete Erkenntnisse für die Arbeitswelt
Zusammenfassend lassen sich aus der Metaanalyse von Liu et al. (2023) folgende zentrale Erkenntnisse ableiten:
Es ist wichtig, Flow im Arbeitskontext zu erleben. Dieser Zustand ist von intensiver Fokussierung, Arbeitsleistung und Arbeitsfreude geprägt. Flow hat positive Auswirkungen auf Erleben und Wohlbefinden.
Förderliche Faktoren sind u. a. proaktives eigenverantwortliches Verhalten und entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Führungskräfte und Personalentwicklung können dazu beitragen, Flow zu ermöglichen bzw. zu intensivieren. Ein zu stark ausgeprägter Flow birgt jedoch Risiken wie bspw. (vorübergehende) Erschöpfung und riskantes Verhalten.
Exkurs: Methode Metaanalyse und Eckdaten der Studie von Liu et al. (2023)
In einer Metaanalyse werden mehrere Studien zur Beantwortung einer Forschungsfrage systematisch gesammelt, zusammengefasst und analysiert. Eine zentrale Rolle spielt der ermittelte durchschnittliche Effekt. Metaanalysen liefern eine Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes auf Basis einer aggregierten größeren Stichprobe und statistisch aussagekräftigeren Ergebnissen. Metaanalysen haben einen hohen wissenschaftlichen Stellenwert. U. a. tragen sie dazu bei, uneinheitliche Forschungsergebnisse fundiert zu erklären. Metaanalysen haben auch Grenzen. Es existiert nicht die eine metaanalytische Vorgehensweise. Die Aussagekraft hängt u. a. von der Qualität der einbezogenen Studien ab. Zudem beziehen sich Metaanalysen auf bereits veröffentlichte Studien und können daher ein verzerrtes Bild wiedergeben. In der Metaanalyse von Liu et al. (2023) wurden daher u. a. verschiedene Maßnahmen gegen Publikationsbias getroffen.
Zentrales Ergebnis der Metaanalyse von Liu et al. (2023) ist, dass mehrere Faktoren signifikant mit Flow zusammenhängen, nämlich Merkmale der Arbeit, individuelle Merkmale und Verhaltensweisen der Beschäftigten sowie Führungsmerkmale. Individuelles Verhalten korreliert am stärksten mit Flow (ρ = 0.55). Dieser insgesamt nicht allzu starke, im Kontext der Studie aber signifikante und aussagekräftige Zusammenhang zeigt, dass Mitarbeitende, die bestimmte Verhaltensweisen an den Tag legen, eher Flow bei der Arbeit erleben.
Weitere Eckdaten der Metaanalyse: Die Autoren haben eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Untersucht wurden englischsprachige quantitative Primärstudien über die Voraussetzungen und Wirkungen von arbeitsbezogenem Flow. Insgesamt wurden 113 Studien in die Metaanalyse einbezogen. Die Studien wurden zwischen 2003 und 2021 veröffentlicht. Darunter befinden sich auch Master- und Doktorarbeiten. Die Gesamtzahl der Teilnehmenden beträgt 60.110. Ein Ziel der Autoren ist, eine theoretische Basis für künftige Forschungen zu schaffen, Forschungslücken zu identifizieren und praktische Implikationen aufzuzeigen. Dies geschieht in einer wissenschaftlich anspruchsvollen metaanalytischen Form.
Fazit
Die Metaanalyse von Liu et al. (2023) zum Thema Flow bei der Arbeit liefert wichtige Erkenntnisse über die Ursachen, Dimensionen und Auswirkungen des Flow-Erlebens. Sie bietet eine umfassende Darstellung der verschiedenen Aspekte, die zum Flow-Erleben beitragen. Dazu gehören das Gleichgewicht von Fähigkeiten und Anforderungen, berufliche Ressourcen, persönliche Ressourcen, Persönlichkeit und Führung. Darüber hinaus werden die positiven Auswirkungen des Flow-Erlebens auf das Wohlbefinden, die Lebenszufriedenheit, das Risikoverhalten und die Leistung beleuchtet. Die Metaanalyse zeigt, dass Flow am Arbeitsplatz ein zentraler Faktor für die Leistungsfähigkeit und das individuelle Wohlbefinden ist. Sie bietet auch praktische Implikationen für die Schaffung eines Flow-fördernden Arbeitsumfelds. Insgesamt verdeutlicht die Studie die Wichtigkeit des Flow-Erlebens am Arbeitsplatz und die Potenziale, die es für Mitarbeitende und Unternehmen bietet.
Literatur
Liu, W., Lu, H., Li, P., van der Linden, D. & Bakker, A. B. (2023). Antecedents and outcomes of work-related flow: A meta-analysis. Journal of Vocational Behavior, 144, 103891. https://doi.org/10.1016/j.jvb.2023.103891
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